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kugelhaufenmodell

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Das Kugelhaufenmodell und Regeneration von Bleiakkus

vom Andreas Eichner, mit Unterstützung durch Bernd Kürten aus www.solarmobil.net

Eine Erklärung für den wieder umkehrbaren Kapazitätsverlust der Bleidioxidelektrode von Bleibatterien.

Dieser Artikel basiert auf einer 16-seitigen englischen Abhandlung 1) von E. Meissner und eigenen Erfahrungen. Herr Meissner arbeitet im „R & D Center“ (Forschung und Entwicklung) von Varta Deutschland. In der Abhandlung sind die physikalisch-chemischen Grundlagen genau erklärt und mit Formeln belegt. Da für uns nur die Auswirkungen relevant sind, beschränke ich mich auf eine stark vereinfachte und gekürzte Darstellung.

Die Bleidioxidelektrode besteht aus vielen kleinen unregelmäßig geformten Partikeln. Da bei den Partikeln die konvexen Formen vorherrschen, können sie als Kugeln betrachtet werden (daher der Name Kugelhaufenmodel). Die Verbindungen zwischen den Kugeln werden als konkav angesehen. Je größer die Verbindungen zwischen den Kugeln sind, desto besser ist ihre Leitfähigkeit und umso geringer ist damit der Innenwiderstand der Batterie. Das elektrische Potenzial an der Oberfläche ist umso größer, je konvexer die Oberfläche ist. Je größer das Potenzial ist, umso leichter geht das Material beim Entladen in Lösung und lagert sich beim Laden wieder an. Dies bedeutet, daß bei Entladung mit kleinen Strömen nur das Material der Kugeln aufgelöst wird und sich bei Ladung mit kleinen Strömen auch nur Material an den Kugeln anlagert. Erst beim Entladen mit großen Strömen löst sich auch Material von den Verbindungen. In gleichem Masse wird auch nur Material an den Verbindungen angelagert, wenn mit hohen Strömen geladen wird. Daher sollten Bleiakkus mit etwa den gleichen Strömen geladen werden, mit denen sie auch entladen werden.

Hier sehen wir ein Dilemma bei unseren Elektrofahrzeugen. Die Batterien werden meist mit viel geringeren Strömen geladen als sie entladen werden. Bei jedem Entladevorgang wird Material von den Verbindungen abgebaut und beim Laden nur an den Kugeln angelagert. Dadurch werden die Verbindungen immer dünner und der Innenwiderstand der Batterie steigt. Wegen dieses höheren Innenwiderstands wird gerade bei Entladung mit großen Strömen die Entladeschlußspannung früher erreicht und es scheint so, als hätte die Batterie eine geringere Kapazität. Wenn hier nicht rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergriffen werden, werden die Verbindungen so dünn, daß Teile aus der Platte brechen und diese schließlich ganz reißt. Es gibt noch einen zweiten Effekt, der die Verbindungen abbaut. Bei einem Überladen der Batterie befindet sich kein Blei mehr im Elektrolyt. Da die Kugeln aber weiter Material anlagern wollen, entreißen sie dieses den Verbindungen. Zum Glück gibt es auch einige Möglichkeiten diesen scheinbaren Kapazitätzverlust rückgängig zu machen. Leider sind einige Maßnahmen nur schwer durchführbar und die theoretische Erklärung recht komplex. Eine rein mechanische Methode ist der Ausbau der voll geladenen Platten, das Waschen mit destilliertem Wasser, Trocknen und Wiedereinbau mit frischer Schwefelsäure. Durch die nicht vorhandene Säure wird das Blei von den Kugeln zu den Verbindungen verlagert.

Eine langwierige Methode, die den Kapazitätsverlust nur teilweise beseitigt, ist Warten. Die Batterie wird vollgeladen für mehrere Wochen stehen gelassen und nur gelegentlich nachgeladen. Verbessert wird der Effekt noch, wenn die Batterie vor dem ersten Aufladen einige Stunden (auf keinen Fall zu lange!) teilentladen stehen bleibt. Die praktikabelste Methode ist die Tiefentladung mit sehr kleinen Strömen. Dabei wird die Batterie bis knapp unterhalb der Entladeschlußspannung entladen. Da in diesem Bereich die Säurekonzentration sehr gering ist, wirkt dies fast so, wie das Waschen mit Wasser. Allerdings muss dabei darauf geachtet werden, dass die Entladeschlußspannung nicht zu weit unterschritten wird, da dann wieder andere Effekte auftreten, die die Batterie schädigen können. Ein 12V Bleiakku sollte nicht unter 10Volt entladen werden. Diese Methode haben wir (Bernd Kürten und ich) schon bei sehr vielen Bleibatterien von CityEL's erprobt, noch bevor wir die Abhandlung kannten. Jetzt kennen wir auch die physikalisch-chemischen Grundlagen. Beim CityEl wenden wir bei Bleiakkus etwa einmal pro Monat folgende Prozedur an:

  • nach einer normalen Fahrt wird das Licht und die Heizung auf Stufe 2 eingeschaltet
  • in regelmäßigen Abständen (ca. 10 Minuten) werden alle 3 Batterien überprüft
  • erreicht eine Batterie 10,5 Volt wird die Heizung auf Stufe 1 zurückgeschaltet
  • die Spannungen müssen jetzt wieder ansteigen
  • wieder in regelmäßigen Abständen die Batterien überprüfen
  • erreicht eine Batterie 10,5 Volt Heizung ausschalten
  • die Spannungen müssen jetzt wieder ansteigen
  • wieder in regelmäßigen Abständen die Batterien überprüfen
  • erreicht eine Batterie 10 Volt Licht ausschalten
  • ca. 1 Stunde warten
  • normal Aufladen

Wenn der scheinbare Kapazitätsverlust schon stark ausgeprägt ist, muss die Prozedur mehrmals hintereinander (nach jeder Fahrt) ausgeführt werden. Ist nach drei maligem Durchlauf noch keine deutliche Verbesserung feststellbar, so beruht der Kapazitätsverlust wahrscheinlich auf einem anderen Effekt (z.B. zu wenig Wasser, oxidierte Platten, gebrochene Platten etc.), und kaum reparierbar.

1) E. Meissner, How to understand the reversible capacity declay of the lead dioxide electrode, Journal of Power Sources 78 (1999) 99 - 114.

Weiterentwicklung der Methode

Ergänzungen zur Methode von Andreas Eichner (per E-Mail)

Dieses Verfahren gilt für alle Bleitechnologien (offene Säure, Gel, Vlies). Das „Stufen“-Verfahren (Fahren –> Heizung 2 –> Heizung 1 –> Licht) ist nach unseren neueren Erkenntnissen nicht so wirkungsvoll wie das Entladen der vollen Akkus nur mit Licht (bei eingeschalteter „Zündung“). Das wirkungsvollere Verfahren ist allerdings recht langwierig, da dann nur etwa 3A verbraucht werden und die Entladung bei guten 120Ah-Akkus dann bis zu 40Stunden dauern kann und man nach Erreichen von ca 11,5 Volt pro Block regelmäßig alle 30Minuten kontrollieren sollte um die Akkus nicht tief zu entladen. Es läßt aber eine recht gute Abschätzung der Restkapazität zu (Kapazität = Entladezeit in Stunden x 3A). Wichtig ist auch, daß die Akkus dabei eine Temperatur zwischen 20°C und 30°C aufweisen. Bei Temperaturen unter 10°C funktioniert das Verfahren nicht mehr und über 35°C können die Akkus geschädigt werden.

Redaktioneller Hinweis:

Bernd Kürten und Andreas Eichner arbeiten eng im Bereich der elektrischen Mobilität zusammen und haben schon viele Batterietypen ausprobiert, die meisten im CityEl: Blei-Säure, Blei-Vlies verschiedener Hersteller (auch OPTIMA), NiCd, Nickel-Zink-Akku (Evercel), und jetzt auch Lithium-Ionen-Akku. Der vorstehende Artikel gründet sich also auch auf praktische eigene Erfahrungen mit Batterien für E-Fahrzeuge. Sie betreiben in Tuchenbach im Raum Nürnberg-Erlangen einen Elektromobilservice und sind insbesondere kompetent bei Ladegeräten, z.B. auch was das Einstellen des CityCom Trafoladers auf spezielle Akkutypen angeht. Ladegeräte und CityEl Curtis Pulsweitensteller werden auch schnell und preisgünstig repariert. Bekannt geworden ist auch die Transistor-Zusatzschaltung zur Vermeidung von Microschalter Problemen im CityEl und der Umbau des CityEl Thrige Motors auf Kettenantrieb.

Siehe auch

Links

http://www.microcharge.de/Bleiakku-Interna.html Gute Erklärung und Zusammenfassung verschiedener Probleme

http://www.batteryuniversity.com/partone-german.htm Ausführliche auch wissenschaftliche Erklärungen zu Akkus.

kugelhaufenmodell.txt · Zuletzt geändert: 2009/03/02 02:21 (Externe Bearbeitung)