Barnstorf 1999


19.08. – 23.08.1999

Vorbereitungen

Als mich im Februar 1999 die Einladung zur 1. Barnstorfer Umweltrallye erreichte, war mir klar, daß nur Enno aus Ritterhude dahinter stecken konnte. Ich rief ihn an und versprach dabei meine Teilnahme auf eigener Achse sowie den Versuch, noch weitere Mitfahrer dafür zu gewinnen. Nach Verbindungsaufnahme mit der Rheiner Gruppe war der Streckenverlauf eigentlich vorgegeben. Die Fahrt sollte über jeweils zwei Tage mit Übernachtung in Elte (Rheine) führen, wo sich noch weitere Mitfahrer von dort aus anschließen würden. Harald Neh aus Richterich (Aachen) stößt ebenfalls zum Team dazu. So konnte die Vorbereitung der Fahrzeuge anlaufen. Das Hauptproblem schien mir der Zustand meiner Batterien zu sein. Mit über 12 000 km auf dem Buckel hätten sie schon ausgetauscht sein müssen. Ein Reichweitentest ergab aber, daß das Risiko tragbar war. Den Wechsel der Bremsbacken konnte ich nicht mehr durchführen, weil ich einfach keine Ersatzteile bekam.

Haralds CityEl erhielt noch den Tempo 40/50-Umschalter sowie ein Zusatzladegerät, um stromsparend fahren und die Tankzeiten in Grenzen halten zu können. Mein Fahrzeug war bereits damit ausgerüstet.

Ausgangslage:

Erster Tag: Donnerstag, 19. August 1999

0300 Uhr Aufstehen, Zusatzlader noch mal anwerfen, Frühstücken, Kaffeekochen, letzte Teile einräumen. Um 0345 Uhr trifft Harald ein, so daß wir um 0355 Uhr starten. Mit Schleichfahrt und einer vollen Zehnerkarte roter Ampeln geht es los. Die Ampelschaltung, die bei Annäherung von E-Mobilen automatisch auf rot schaltet, ist sehr sinnvoll, weil so auf Straßen, die in dieser Region den Zustand wie nach einem Bombenangriff haben, keine riskanten Geschwindigkeiten erzielt werden können.
Das erste Tanken bei Dennis nach 22 km soll die Batterien für die nachfolgenden großen Streckenabschnitte fit machen. Mein CityEl Ladegerät schaltet schnell wieder ab, so daß nur 0.45 kWh getankt werden. Haralds Zusatzlader arbeitet auch nicht richtig, aber wir bemerken es in der Dunkelheit nicht. Es sollte sich später rächen. Die Strecke führt über Erkelenz, Rheindahlen und Viersen nach Norden. In Vorst wollen wir nachladen, finden aber keine Tankstelle. Die Fahrzeuge bieten bei unserer Fahrweise noch ausreichend Reichweite und wir fahren bis Kempen, wo ich die Abschaltungsüberbrückung das erste Mal benutzen muß; immerhin sind es 55 km.
Bei einer bekannten Tankstellenkette tanken auch wir auf. Es ist 0725 Uhr, wir verpflegen. Nach Kaffee, Brot und 1.6 kWh bei meinem bzw. 1.1 kWh bei Haralds Fahrzeug geht es weiter. Die Batteriespannung bei Haralds El gefällt mir nicht, aber nach Wesel sind es ja nur eben 40 km. Die Fahrt verläuft eigentlich recht gut, doch einige Kilometer vor Wesel kommt Harald nur noch in Schrittgeschwindigkeit voran. Wir melden über Handy dem RWE unsere verspätete Ankunft. Irgendwo Zwischentanken kostet zu viel Zeit. Also nutzen wir das Abschleppseil. Mein El schafft in der Ebene das Problem und zieht Haralds El noch bis zum RWE nach Wesel. Nach kurzem Fragen kommen wir dort zur Elektrotankstelle, wo wir sofort anschließen. Haralds Zusatzlader gibt viel zu wenig Strom ab. Seine Frage "Was ist das für ein Kabel?" läßt mir alle meine Sünden einfallen. Ein gelöster Kabelanschluß ließ das Zusatzladegerät nur zu 20% arbeiten. Dort hatte ich unzureichend gelötet. Also Behelfsinstandsetzung mit mitgeführtem Hilfsdraht, Einschalten und 20 A fließen zusätzlich! Nun sind die Ungereimtheiten der letzten Halte geklärt und wir können getrost die Gastfreundschaft des RWE genießen.
Der nächste Abschnitt ist unproblematisch. In Heiden tanken wir bei der Firma Arndt für die weitere Fahrt auf, die wegen der großen Streckenlänge nicht so ganz ohne sein sollte. Einige Kilometer vor Wettringen treffen wir Wolfgang Klievering aus Rheine und setzen die Tour in Begleitung zum nächsten Stop fort. Haralds El wird kurz vor Wettringen recht langsam; die Strombegrenzung bei zu niedriger Spannung setzt ein. Aber mit Wolfgangs Hilfe klappt es, die "Tankstelle" zu erreichen, über 60 km sind geschafft!
Leider ist Laden ein Problem. Die zugesicherten Steckdosen stehen nicht bereit und der CEE-Adapter fehlt. Als wir das Problem gelöst haben, machen wir einen kleinen Spaziergang in den Ort, um die Gelegenheit zu nutzen, auch die Besatzungen zu versorgen. Nach Rückkehr finden wir nicht aufgeladene Fahrzeuge vor. Die Sicherungen sind raus. Da die Ursache unsere eigene Schuld war, schweige ich mich darüber lieber aus. Die nächsten Anschlüsse liefern eine zu geringe Spannung für den CityEl-Lader; das bekannte "Pumpen" tritt auf. Notdürftiges Laden mit Hilfe der Zusatzlader und anschließende Fahrt im Dunkeln zum vierten Mitfahrer Charlie Rasch, bei dem wir übernachten dürfen. Auch das geht gut und der Abend klingt in einer Pizzeria doch noch sehr angenehm aus.

2. Tag:

Über läppische 120 km braucht kein Wort verloren zu werden. Das Schleifen der Vorderradbremse meines Els hätte aber nicht sein müssen.
Die Fahrt in der Gruppe macht enormen Spaß. Auf dem Campingplatz am Alfsee tanken wir auf. Die Zwischenzeit überbrücken wir mit Spazierengehen und einer kleinen Mahlzeit. Den nächsten Halt machen wir in Diepholz.
Die Aufnahme in Barnstorf ist spitzenmäßig und das Wiedersehen mit bekannten Gesichtern tut richtig gut. Die Organisatoren hätten allerdings eine größere Beteiligung verdient gehabt.

3. Tag:

Die Barnstorfer haben mehrere Geschicklichkeitstests für uns vorbereitet sowie die Umweltrallye rund um Barnstorf. Das Fahren inmitten von Scharen von E-Mobilen, die gruppenweise die Route suchten, macht einen Heidenspaß. Konkurrenzdenken gibt es bei uns offensichtlich nicht.

Ziel ist das Stadion in Barnstorf, wo wir unsere Fahrzeuge einem breiten Publikum vorstellen. Anschließend Siegerehrung. Der erste Preis geht an das Team aus Aachen!

Beide Abende verlaufen bei gastfreundlicher Aufnahme in der typischen Atmosphäre fachsimpelnder E-mobilfahrender Individualisten. Alles klar?

4.Tag:

Eigentlich hatten wir frühmorgens gegen 0700 Uhr aufbrechen wollen, aber beim gemütlichen Frühstück verzögert sich der Aufbruch doch recht erheblich. Die Sache ist es wert. Schließlich fahren wir gegen 1000 Uhr gemeinsam mit den Rheinern sowie Gerd aus Münster los. Das Fahren in der Gruppe ist wie immer ein Erlebnis. Zum einen fühlt man sich während der Fahrt sicherer, zum anderen sind E-Mobilisten eine so besondere Spezies, daß die Tankhalte äußerst kurzweilig sind. Kurz vor Rheine trennt sich Gerd von uns, bei Charlie tanken Harald und ich auf. Das zusätzliche Nutzen von Charlies Zivanlader zwingt 40 A in die Batterien! Der nächste Abschnitt verspricht schließlich wieder lang zu werden.

Nach dem erneuten Aufbruch suchen wir uns nach relativ wenigen Kilometern eine konventionelle Tankstelle zum Laden. Nachdem wir recht unfreundlich abgewiesen werden, fahren wir beleidigt weiter. Da die Strecke bis Heiden ohne Zwischenladen zu lang ist, bitten wir in Legden bei einer Familie, die gerade vom Sonntagsspaziergang zurückkommt, um Strom. Wir haben Glück im Unglück. So werden wir darauf aufmerksam gemacht, daß wir auf dem falschen Weg waren. Nach einer Stunde brechen wir wieder auf. Vor Heiden wird es dann aber knapp mit dem Strom, Schieben wäre genauso schnell gewesen. In Heiden bauen wir das Zelt auf (2225 Uhr), tanken kurz und fahren nach Borken, um uns bei einer kleinen Mahlzeit und einer Tasse Bier zu erholen. Die Bürgersteige sind schon hochgeklappt. So bleibt uns nur die Fahrt zu einer großen Schnellrestaurantkette und die Rückkehr nach Heiden. Der Rückweg ist offensichtlich länger als der Hinweg. Wieder müssen wir die Batterien quälen.

5. Tag:

Der letzte Tag verläuft nahezu ereignislos. Mittlerweile ist alles Routine, die Aufnahme beim RWE und auch der Halt bei der großen Tankstellenkette. Die Fahrt von dort aus im beginnenden Feierabendverkehr über Steigungsstrecken läßt allerdings auf die nächste Steckdose hoffen. Aber unsere Fahrzeuge halten spitzenmäßig durch. Nur das letzte abgesprochene Tanken funktioniert nicht, das zugesagte Ladekabel liegt nicht bereit. Daß die Batterien nach 50 km über die beschriebene Strecke am Ende sind, kann kein Vorwurf sein. So muß ich die Abschaltungsüberbrückung nutzen. Wir setzen die Fahrt sehr vorsichtig fort. Im nächsten Ort können wir bei einem Elektrogeschäft laden, einem CityEl-Besitzer. 62 km sind geschafft!

So treffen wir planmäßig ein (750 km) und sehen uns noch schnell die von Harald gemachten Bilder an.

Der Streckenverlauf:

Hintour: Aachen – Linnich – Kempen – Wesel – Heiden – Wettringen – Elte bei Rheine (Übernachtung) – Alfsee – Diepholz – Barnstorf

Rücktour: Barnstorf - Alfsee - Elte bei Rheine - Legden - Heiden (Übernachtung) – Wesel - Kempen - Baesweiler - Aachen

Fazit:

Das war nicht meine erste große Fahrt mit dem CityEl und gewiß nicht meine letzte. Natürlich muß man einige Einschränkungen hinnehmen, aber das wird alles wieder aufgewogen. Wer die "Szene" kennt, weiß, was ich meine.

Neben den "großen" und offiziellen Veranstaltungen sind meines Erachtens diese familiären Treffen von Bedeutung. Zumindest können sich alle E-Mobilisten aus der Umgebung beteiligen. Es müssen ja keine 350 km Anfahrt sein. Aber wir haben nachgewiesen, daß diesem kleinen Elektrokabinenroller erheblich mehr zugemutet werden kann (und soll) als dies gemeinhin getan wird. Abgesehen von diesen Argumenten sollten diejenigen, die sich die Mühe machen, eine solche Organisation aufzuziehen, für ihre Arbeit belohnt werden. Das mindeste ist eine ausreichende Teilnehmeranzahl.
Für alle, die es interessiert: Mein Batteriesatz ist immer noch in der Nutzung (15000 km). Jetzt scheint allerdings Schluß zu sein.

Die Verbrauchswerte lagen bei 5.7 bzw. 6.0 kWh auf 100 km, die Tankzeiten bei 1.5 – 2 Stunden.

Sollte übrigens bei diesem Bericht der Eindruck entstanden sein, daß wir nichts als Probleme hatten, so ist das ganz gewiß falsch. Man muß es einfach selber erleben.

Natürlich ist solch eine Fahrt eine Herausforderung, aber eine, die sich bewältigen läßt; insbesondere in der Gruppe.

Ausblick:

Selbstverständlich sehen wir uns im Jahr 2000 bei Enno in Ritterhude. Die Vorzeichen sprechen derzeit für eine Teilnahme von drei Fahrzeugen aus Aachen. Die Vorbereitungen sind schon angelaufen.

Und wenn ich meine natürliche Trägheit überwinde, dann wird es auch ein Treffen im Herbst 2000 oder 2001 hier im Grenzland der Euregio geben.